TEKST W JÊZYKU NIEMIECKIM
Prof. dr hab. Piotr Jaroszyñski
Lehrstuhl für Philosophie und Kultur
an der Katholischen Universität Lublin Polen
Der polnische Kulturschatz
Sehr geehrte Damen und Herren!
Es ist eine große Ehre für mich, dass ich hier über die polnische Kultur sprechen kann. Polen liegt in Mitteleuropa, und ist ein Staat, der vor etwa 1000 Jahren (966) entstanden ist. Die Polen gehören zu den slawischen Völkerstämmen. Im Verlauf von tausend Jahren hat die polnische Gesellschaft eine besondere Kultur gebildet, sie enthält lokale, gesamteuropäische, aber auch universale Elemente. Es gibt verschiedene Gründe, die zum Interesse (aber auch Desinteresse) an der Kultur eines anderen Volkes führen können. Die Einen, die im Kreis der eigenen Kultur eingeschossen bleiben, zeigen für die Kulturen der anderen Völker sehr wohl Interesse, gleichzeitig aber verachten sie. Den Anderen reicht die Massenkultur anstatt der eigenen Volkskultur. Es gib noch weitere, die neben den Kenntnissen der eigenen Kultur, spezielle Interessen für einige Fremdkulturen zeigen. Es gibt auch solche, die sich zur Bereicherung der eigenen Kultur für den Reichtum der anderen Kulturen interessieren. Meiner Meinung nach, sollte jeder intelligente Mensch, der ein gewisses Ausbildungs- und Erziehungsniveau erreicht hat, die zuletzt aufgezählte Einsicht teilen: „Ich weiß, was ich bin, aber gerne erfahre ich auch, was die anderen Gutes haben und mache es mir nützlich. Zuerst ein Paar Worte darüber, was Kultur ist und was Nation bedeutet. Das Wort „Kultur stammt aus dem Latein und heißt „Anbau. Am Anfang war es Ackerbau (agri cultura), später fing man an, metaphorisch über die Kultur der Seele zu sprechen (animi cultura, Cyceron). Die entsprechende Erziehung des Menschen war auch Kultur (griechisch paideia).
Das Wort "Nation" ("natio") entstammt etymologisch dem Wort "entstehen" ("nascere"). Die tiefere Bedeutung stützt sich aber auf die Zugehörigkeit zu einer Kultur. Die Nation ist eine Gemeinschaft, die über Generationen dieselbe Kultur vererbt und pflegt. Die nationale Kultur ist die materielle und kulturelle Errungenschaft einer bestimmten Gemeinschaft.
Wenn wir über den polnischen Kulturschatz sprechen, denken wir an die von den Generationen gebildete reiche Errungenschaft.
Die Kultur bildet vier Gebiete: THEORIA, PRAXIS, POIESIS und RELIGO. THEORIA umfasst die Wissenschaft und Edukation. PRAXIS enthält Ethik, Ökonomie und Politik. POIESIS betrifft das Handwerk, schöne Künste und Technik. RELIGIO umfasst den Glauben. Das Niveau und die Entwicklungsrichtung dieser Kulturgebiete erlauben einer Gemeinschaft eine breitere und höhere Zivilisationsentwicklung. Es geht hier nicht um die Bewertung der verschiedenen Zivilisationen, welche besser wäre, welche schlechter, es geht vielmehr darum, was sie dem Menschen, der in ihr lebt, darbieten kann; ob sie ihm eine umfangreiche Entwicklung erlaubt, oder der Mensch in ihr zu einem kümmerlichen Dasein verurteilt ist, oder ob sie ihn zu den gefährlichen zivilisatorischen Krankheiten führt. Von der Gesellschaft und Zivilisation in der der Mensch lebt, ist sehr viel in seinem Leben abhängig, vor allem was aus dem Menschen wird.
Der polnische Kulturschatz, der das Ergebnis der Bemühungen von Generationen und genialen Auserwählten ist, ist der Schatz der Polen, für die diese Kultur am nächsten war. Die polnische Kultur war auch ein Schatz für die benachbarten, verwandten, slawischen Völker, die noch nicht eine so hohe Kultur besaßen und letzt endlich war sie auch ein Schatz für die übrigen europäischen Völker; besonders für deren Eliten, die für die verschiedenen Erscheinungen der hohen Kulturen offen waren. Sie war ein Schatz, der durch einige Kulturwerke den Klang und die Richtung der Entwicklung der Zivilisation gab.
Polen als Staat und Nation erschien im geschichtlichen Geschehen in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts. Der entscheidende Moment ist die Taufe von Mieszko dem Ersten, den ersten polnischen Herrscher. Dank ihm hat der entstandene Staat den anerkannten politischen Status in Europa erreicht und hiermit wurden auch die in Polen lebenden Stämme in die griechisch-römische, christliche kulturelle Erbschaft eingegliedert. Die Taufe hatte nicht nur religiöse Bedeutung (Glauben), sondern auch zivilisatorische, nämlich die Einbindung Polens in die Blutbahn der älteren, westlichen Zivilisation. Die Eingliederung umfaßte solche Bereiche wie: Bildung, Wissenschaft, Recht, Moral, Kunst und Brauchtum. Die einzelnen slawischen Stämme haben sich, dank der Assimilierung in der lateinischen Zivilisation, in ein polnisches Volk umgewandelt. Im Laufe der Jahrhunderte wird in dieser lateinischen Zivilisation, durch die schöpferische geistige Verarbeitung, eine eigene polnische Kultur geboren.
Manche Aspekte der polnischen Kultur.
Die Sprache
Obwohl nicht immer jede Nation eine eigenständige Sprache besitzt, gibt es Nationen, die dieselbe Sprache sprechen, zum Beispiel englisch, spanisch, oder es gibt eine Nation, die mehrere Sprachen spricht, wie die Schweiz. In den meisten Fällen (mindestens genetisch) ist die Sprache spezifisch für eine bestimmte Nation. Die Mehrzahl der Sprachen innerhalb einer Nation konnte durch die politische Vereinigung verschiedener Nationen entstehen (die Schweizer) oder auch die Vielzahl von Nationen, die infolge der kolonialen Expansion einer Nation (die Spanier, die Engländer) dieselbe Sprache sprechen. Die Polen haben eine eigene Sprache, die polnische Sprache. Mit gewissem Stolz hat darüber im 16. Jahrhundert einer der ersten großen polnischen Dichter geschrieben "Die Polen sind keine Gänse, sie haben eine eigene Sprache" - das heißt, dass die Polen nicht wie die Gänse sprechen - sie schnattern nicht - und haben eine eigene menschliche Sprache. Die literarische Sprache (Hochpolnisch) wurde während einiger Jahrhunderte im Schoß der lateinischen Sprache gebildet.
Es ist bekannt, dass man im mittelalterlichen kulturellen Europa lateinisch sprach und schrieb. In den verschiedenen, geschriebenen, lateinischen Dokumenten zeigen sich sporadisch polnische Vornamen und Ortsnamen und im 13. Jahrhundert, etwa um die Jahrhundertwende vom 12. zum 13. Jahrhundert entstand ein wunderschönes polnisches religiöses Lied "Muttergottes Jungfrau"; es wurde früher vom Rittertum gesungen, heute singt man es in Polen bei besonderen Anlässen. Im 14. und 15. Jahrhundert entstehen viele Dichtungen und Lieder, geistliche und weltliche. Das 16. Jahrhundert wird von zwei großen polnischen Dichtern erhellt, Miko³aj Rej und Jan Kochanowski. Der zweite Dichter hat in Westeuropa seine Bildung erhalten, er konnte fließend Latein, Griechisch und einige neueren Sprachen. Er übersetzte fremdsprachige Werke ins Polnische, dichtete auf Latein und entdeckte endlich in sich die große Begabung, für die Polen polnisch zu schreiben. Er drückte dies in einer wunderschönen Elegie (Klage und Trauerlied) für Piotr Myszkowski aus, die noch auf... Latein von ihm geschrieben wurde.
Elegia 13 Jan Kochanowski
Musa, relinquamus ripas Anienis amoenas,
In sua me pridem Carpatus antra vocat.
Sarmatiamque iubet patriis ornare Camenis,
Si qua modo a nostro carmine fama venit.
Illam Lasciades spoliis meus ornet opimis,
Cumque Scythis nullo foedere bella gerat.
Spes nostra in calamo est Heliconiadumque favore,
Haec spolia, hic meus est currus et arma mea.
Kochanowskis Sprache war anders als Rejs Sprache, eine gebildete Sprache, mit sehr hohem Niveau, wenn es um Reichtum im Wortschatz und Begriffe geht. Im damaligen Europa zählte man Kochanowski zu einem der größten Dichter. Seine Sprache zeigte die Entwicklungsrichtung der polnischen Sprache. Wenn man über die polnische Sprache spricht, sollten wir unsere Aufmerksamkeit auf das große Werk der Übersetzungen aus fremden Sprachen lenken. Die Übersetzungen spielen eine große und vielseitige Rolle im Leben jeder Nation. Sie ermöglichen das breite Kennenlernen der Errungenschaften anderer Nationen. Die fremdsprachigen Werke, die in der Muttersprache zugänglich sind, werden besser übernommen und eingefügt (assimiliert) als wenn sie nur in der Fremdsprache des Originals zugänglich wären. Die Übersetzungen spielen eine wesentliche, bildende und schöpferische Rolle für die Sprache, die sich so erst weiterentwickelt.
Es ist sehr mühsam den Inhalt einer höher entwickelten Sprache in der schwächer entwickelten Sprache auszudrücken und dabei eine gewisse Autonomie beizubehalten. Die polnische Sprache entwickelte sich dank der Übersetzungen sowohl im syntaktischen als auch im konzeptionellen Sinne. So wurde sie zu einem Mittel entwickelt, durch das der Zugang zur breiten klassischen Kultur geöffnet wurde. Hierdurch hatten die Polen, im Vergleich zu den anderen slawischen Völkern, einen Vorsprung, weil für sie die polnischen Übersetzungen leichter als in den Originalsprachen zu verstehen waren.
Die polnische Sprache war so entwickelt, dass sie einen wesentlichen Einfluss auf Kultur und Geschmack der Nachbarnationen hatte. Einer der bedeutendsten Kennern der polnischen Kultur schrieb: "Also, auf diese Weise kam die polnische Kultur zu einem Siegeszug. Schon im 15. Jahrhundert sättigte der Ruthene seinen geistigen Hunger an den polnischen Quellen. Dabei verachtete er, im Gegensatz zu den bestehenden Dogmen, die Konfessionsunterschiede, er übersetzte für sich die beispielhaften, später auch die nicht beispielhaften, polnischen Schriftwerke in die eigene Sprache. Bei Bewahrung der eigenen Sprache und Schrift mischten die Ruthenen die polnischen Verzierungen bei. Sehr früh, schon im 15. Jahrhundert, treffen wir in der weißrussischen ("litauischen") Amtssprache zahlreiche Polonismen. Mit der Zeit wird diese Erscheinung ungeheuer groß; der Text ist Russisch, weil die Formen und Buchstaben russisch sind, aber der Gedanke und Wortschatz sind polnisch. Das Polnische ist oberflächlich, mit dem russischen ummantelt, was den Geist, Inhalt und die Form betrifft"1. Und weiter: "Die materielle Kultur kam (nach Moskau) auf einem anderen Weg, direkt aus England, Holland und Frankreich. Besonders aber kam sie nach Moskau aus Deutschland. Die geistige Kultur aus Polen kam nach Litauen und Kleinrussland bis nach Moskau. Dort erreichte sie den Zarenhof und die Patrizier. So entstand aus den polnischen Übersetzungen im 17. Jahrhundert die umfangreiche und vielfältige Moskauer Literatur"2.
Die polnische Unabhängigkeit zerfiel am Ende des 18. Jahrhunderts, als vor den Augen der Welt das geschichtliche Verbrechen begangen wurde dem souveränen Staat das politische Dasein zu nehmen. Dies unterbrach allerdings nicht die kulturelle Kontinuität.
Papst Johannes der Zweite hat vor dem Forum der Vereinten Nationen unterstrichen, dass gerade die Kultur uns half, die geistige Souveränität aufzubewahren. Der Heilige Vater sagte: "Ich bin ein Sohn der Nation, der das schrecklichste geschichtliche Geschehen widerfuhr, nämlich von den Nachbarn mehrmals zum Tode verurteilt zu werden sie blieb aber am Leben und blieb sich treu. Die polnische Nation bewahrte während der Teilung und Okkupation ihre eigene Identität und eigene Volkssouveränität und beanspruchte dabei als Überlebensbasis keine andere physikalische Allmacht als nur die eigene Kultur, die sich in diesem Fall größer als andere Mächte herausgestellt hat3. Dank dieser kulturellen Souveränität hat Polen nach 123 Jahren Unfreiheit die eigene politische Unabhängigkeit wieder erreicht.
Gerade während der Teilung Polens im 19. Jahrhundert schrieben mit literarischem Genius: Adam Mickiewicz, Juliusz S³owacki, Zygmunt Krasiñski i Cyprian Kamil Norwid. Sie wurden als dichtende nationale Weissager bezeichnet. Dann kamen die großen Schriftsteller wie Henryk Sienkiewicz, Boles³aw Prus, W³adys³aw Reymont, Stefan ¯eromski. Das polnische Wort vereinte in sich alle nationalen und staatlichen Komponenten des Geschehens. Dies hat die Anerkennung in Europa gefunden. Der Beweis hierfür sind die unzähligen Übersetzungen, Nachahmungen und letztendlich auch die Preise. Wir haben in der Literatur einige Nobelpreise erhalten (Henryk Sienkiewicz, W³adys³aw Reymont, Czes³aw Mi³osz, Wis³awa Szymborska).
Die polnische Sprache erreichte so ein Entwicklungsniveau, das es ihr erlaubte, in den großen und kleinen Angelegenheiten den Geist der Nation zu formulieren. In dieser Sprache besitzen wir eine eigene Literatur, in allen ihren Gattungen. In unsere Sprache wurden die wesentlichen Errungenschaften der Weltliteratur übersetzt. Henryk Sienkiewicz zögerte nicht zu sagen, daß die polnische Sprache eine besondere Gottesgabe sei, die Gabe, mit der man nur die griechische Sprache vergleichen könne. Sie ist der große Reichtum der Polen und dient immer noch den verwandten slawischen Nationen, die auch Polnisch verstehen und sprechen können. Es gibt viel zu lesen.
Der Kulturschatz ist auch die Weisheit und das Wissen, Wissenschaft und Bildung und deren Verbreitung.
Dank der Übernahme des Christentums öffnete sich Polen für die Schulbildung. Im heidnischen Polen kannte man keine Schulen. Schnell entstanden die Pfarrschulen. Im Jahr 1364, also vor sechseinhalb Jahrhunderten entstand die Hochschule - die Krakauer Akademie, früher als die Universitäten in Wien und Leipzig, 300 Jahre vor der Gründung der Universität in Berlin, 400 Jahre vor der Universität in St. Petersburg. In dieser polnischen Universität studierten im 15. Jahrhundert Studenten von ganz Europa, einschließlich Italien. Sie wurde durch große Wissenschaftler wie Miko³aj Kopernik (Nicolaus Kopernikus) oder Pawe³ W³odkowic bekannt. Die polnischen Könige Kazimierz Wielki (Kasimir der Große) und W³adys³aw Jagie³³o (Ladislaus der Jagielloner) haben in der Universität die Gründungsdokumente unterzeichnet.
Polen hatte auch eine ausgezeichnete Kommission der Nationalen Bildung. Sie war das erste Bildungsministerium in Europa.
Nach der Auflösung des Jesuitenordens (bekannt durch das Schulwesen) durch den Papst hat diese Kommission nicht zugelassen, daß das kirchliche Erbe im Bildungswesen durch den Verweltlichungsprozess zunichte gemacht wurde.
Im Gegenteil zu Frankreich wurde das staatliche Schulwesen nicht im Kampf gegen die Kirche und Tradition benutzt, es wurde nicht als Werkzeug zur Ideologisierung der Jugend eingesetzt.
Zu der Zeit der Bedrohung durch die Eroberer oder im geteilten Polen, verstärkten die Schulen der Kommission für Nationale Bildung das nationale und kulturelle Bewusstsein der Polen.
Ist nicht die Demokratieverehrung, ohne sich auf solide Bildung zu stützen, eine neue Form der Unterdrückung? Der Mensch kann nicht für öffentliche Angelegenheiten verantwortlich sein, wenn er nicht entsprechend ausgebildet (Kompetenz) und erzogen wurde (Verantwortung). Die Moral umfasst das persönliche, politische und familiäre Leben. Bei den Polen hatte die persönliche Ethik einige sehr charakteristische Merkmale, oder Tugenden. Dazu gehören: Ehre, Opferbereitschaft, Großherzigkeit, Gastfreundschaft und... Höflichkeit. Unser große Dichter Adam Mickiewicz schrieb über die Höflichkeit:
360 Noch gegen das rechte Benehmen. Und ein Benehmen, ein feines,
Das sag' ich kühn, ist weder was Leichtes noch Kleines.
Rechts Leichtes denn mit dem Kratzfuß ist es nicht getan,
Anlächeln, den Ersten Besten, das lernt ein Jeder an,
Das ist die Artigkeit des Krämers, das ist modern,
Doch nicht altpolnisch, nicht die Art der edlen Herrn.
Artigkeit schuldet man Jedem, doch Jedem auf andre Art,
Denn Kindesliebe muss auch sein mit Artigkeit gepaart,
Auch das Verhalten des Mannes zum Weibe vor der Welt,
Des Herrn zur Dienerschaft: und nirgends ist's gleich bestellt.
370 Da muss man lange lernen, um wirklich nie zu fehlen
Und jedem die schuldige Achtung richtig zuzuwählen.
("Herr Thaddäus", 360-371)
Das familiäre Leben war eine polnische Besonderheit, in dem sich während der Teilung das nationale Leben konzentrierte. Die Familie war ein Nest der Erziehung der nächsten Generationen, aber auch der Raum, wo durch die nationale Kultur und Verantwortung für den Staat die Nation gebildet wurde. Ein in der Zeit der Polenteilung lebende Autor schrieb:
Man sprach, dass sich Polen auf einzelnen Individualisten stützte. Man kann sagen - Polen stützt sich auf die Familie. (...) Auch ein sehr strenger Richter der Vergangenheit muss zugeben, daß die polnische Familie diese große Pflicht erfüllt hat, daß sie das stärkste nationale und staatsbürgerliche Fundament war. In den schlimmsten Zeiten ist sie immer dieses Fundament geblieben. Als alles andere in Trümmer fiel, hat man das neue Leben auf die Familie gebaut, sie hatte in sich alles, was nötig zur Erneuerung war, aufbewahrt4.
Was man für das politische Leben noch hervorheben sollte, ist, daß Polen neben England der älteste demokratische Staat ist. Die Entwicklung der demokratischen Adelsrepublik begann in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts: Die 3 Mai Verfassung (1791) erweiterte die Rechte auf die übrigen Stände der Bauern und des Bürgertums.
Die Republik war ein Vielvölkerstaat, es gab keinen Nationalismus. In ihr wohnten: Polen, Litauer, Weißrussen, Ruthenen, Juden, Deutsche, Letten, Tataren, Armenier, Zigeuner. Einige der Sprachen waren gleichberechtigte Amtssprachen. Einzigartig für die damalige und die heutige Zeit war die politische Union mit Litauen, die Union, die 300 Jahre überdauert hat, die erst die fremden Eroberer vernichtet haben. Wenn heute in den verschiedenen Verträgen und internationalen Organisationen die Geschäfte und die Politik dominieren, so hatte die politische Union Polens mit Litauen eine tiefere zivilisatorische Bedeutung. Sie entstand 1413 mit dem Vertagt in Horodlo. In dem Vertragsdokument lesen wir: "Nur die Liebe hat keine schlechte Wirkung, sie strahlt aus sich selbst, löscht die Eifersucht, schwächt die Kränkungen, gibt allem den Frieden, verbindet die Getrennten, schützt die Gefallenen, glättet Unebenheiten, macht gerade das Gebogene, schützt jeden, beleidigt keinen und wenn jemand unter ihren Flügeln Schutz sucht, findet er Sicherheit und erschreckt vor keiner Bedrohung. Die Liebe schafft das Recht, regiert die Königreiche, gründet die Staaten, führt zu gutem Stand der Republik und wenn jemand sie verachtet, verliert er alles...."5
Polen hat in seiner Zeit als Großmacht Europa vor dem türkischen Ansturm verteidigt. Polen war das so genannte Bollwerk des Christentums, was die Verteidigung der zivilisierten Welt bedeutete.
König W³adys³aw der III., der erst 20 Jahre alt war, wurde von dem byzantinischen Kaiser Jan Paleolog gebeten, ihn vor den Türken zu verteidigen. Er war jedoch bei Warna im Jahr 1444 umgekommen. Jan der III. Sobieski rettete Wien im Jahre 1684. Während der Zeit der Teilungen Polens und der Kriege kämpften die Polen auf vielen Fronten der Welt unter dem Motto „für unsere und euere Freiheit". Ko¶ciuszko und Pu³aski kämpften für die Freiheit Nordamerikas. Auch polnische Piloten verteidigten England während des zweiten Weltkrieges. Der Pole Pawe³ Wlodkowic (XV Jh.) Fordertete als erster auf dem Konzil in Konstanz, daß jede Nation ein Recht auf Souveränität hat, und kein anderes höheres Ziel (auch religiöses) darf dies in Frage stellen. Außer der schon erwähnten Literatur glänzte die polnische Kunst, in Architektur, Malerei, Theater und Musik. Die Werke von Chopin enthalten so viele nationale Elemente - volkstümliche und adelige. Diese Musik weckte Bewunderung, ist kommunikativ und faszinierend, sowohl für westliche Menschen, als auch für Japaner und Chinesen. Weltbekannt in der Musik wurden die Rhythmen der polnischen Tänze wie: Polonez, Mazur, Krakowiak und Oberek. In der polnischen Kunst spiegelte sich die polnische Seele wieder. Die romantische polnische Seele hat Chopin in seiner Musik am deutlichsten ausgedrückt. Wir haben berühmte Maler wie: Che³monski, Matejko, Brandt und die Brüder Kossak, deren Bilder die Galerien der Welt schmücken, und deren Thematik sich mit Polen, polnischer Natur, Landsleuten und Geschichte befaßte.
Die dominierende Religion in Polen war das Christentum. Es gab aber auch andere Religionen. Das war damit verbunden, daß die Republik Polen ein Staat von mehreren Nationen und Zivilisationen war. In Polen hat es keine Verfolgung anderer Religionen gegeben, besonders in einer so blutiger Zeit, wie es die Reformation in Westeuropa war. Der schon erwähnte Pawe³ W³odkowic sagte: "Fides ex necessitate esse non debet -Glauben darf nicht durch Zwang verlangt werden". Wir waren als tolerant bekannt, deshalb flüchteten so viele Gläubige vor Verfolgungen nach Polen. Unser König Zygmunt August (XV Jh.) konnte sagen: „Ich bin nicht der König des menschlichen Gewisses". Die schon im XI Jh. in Deutschland verfolgten Juden, kamen nach Polen. Mit der Zeit entstand die größte jüdische Gemeinde auf der Welt, die eigene Rechte, Sitten, Religion und Schulen (auch Hochschulen) besaß. Man hat Polen sogar als „Paradies für Juden bezeichnet.
Während des Zweiten Weltkrieges wurden durch die deutschen Okkupanten, nur den Polen, Vorschriften aufgezwungen, die mit dem Tode der ganzen polnischen Familie drohten, wenn diese einen Juden versteckt hielten. Hierfür sind etwa 3000 Polen umgebracht worden.
Die heute in diesem Zusammenhang verbreiteten Meinungen, daß Polen Antisemiten wären, entsprechen nicht der Wahrheit und sind deshalb ungerecht. Die Kulturen der anderen Völker sind für diese Nationen, in denen sie entstanden sind ein Schatz. Gleichzeitig können nationale Kulturen schöne und universelle Komponenten enthalten. Auf diese Weise können sie andere Nationen bereichern, weil keine Kultur selbst perfekt und vollkommen ist. Das Hervorheben und die Begeisterung der Kultur der eigenen Nation hat nichts mit Chauvinismus und Nationalismus zu tun. Chauvinismus ist Haß gegen andere Nationen.
Die Liebe zu einer bestimmten nationalen Kultur, schließt die Bewunderung der anderen Kultur nicht aus; wenn man von Mozart fasziniert ist, hindert es nicht, sich auch für Vivaldi und Beethoven zu begeistern. Nationalismus ist die Vergötterung nur der eigenen Nation. Wenn ich mit Hingabe Chopin höre, kann ich mich auch der Besänftigung in Sibelius Musik hingeben. Fehlende Identifikation mit irgendeiner nationalen Kultur, kann zur Schwächung des psychischen und geistlichen Lebens führen, und droht mit der Verschmelzung der einzelnen Menschen in der gesamten Masse. Massenkultur vertieft und veredelt nicht den menschlichen Geist. Meine Bewunderung und Liebe zur polnischen Kultur, ist keine Idealisierung meiner Kultur, und schon gar nicht meiner Nation. Es gibt Schwächen und Mängel. Es geht viel mehr um bestimmte Vorbilder, bestimmte Muster, bestimmte Richtungen des menschlichen Lebens, die interessant und schön erscheinen mögen. Durch eine tiefere Teilnahme an der polnischen Kultur, kann sich ein Mensch humaner, also besser entwickeln. Es geht letztlich darum, dass wir dank einer Kultur mehr menschlich sein können.
Prof. dr hab. Piotr Jaroszyñski
1 Aleksander Brückner, Wp³ywy polskie na Litwie i w S³owiañszczy¼nie wschodniej, w: "Polska w kulturze powszechnej", red. F. Koneczny, Kraków 1918, t. 1, s. 162.
ibid., s. 164.
2 ibid., s. 164.
3
Unesco, 2.06.1980. (14).
4
W³adys³aw £oziñski, ¯ycie polskie w dawnych wiekach, Kraków 1958, s. 153.
5
M. Pawlikowski, Dwa ¶wiaty, Londyn 1952, s. 188.